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Das atmende Zimmer
von Anne Fiedler und Mirea Černota
Die Welt ist ein Zusammenspiel aus Farben und Formen, die sich ständig verändern und neu formen.
Doch schlagartig legt sich ein schwerer Nebel über alles, verwandelt die vertrauten Umrisse der Möbel in verzerrte, bedrohliche Gestalten. Die Luft ist dicht und feucht. Jeder Atemzug fühlt sich an, als würdest du durch Wasser atmen. Die Nebelgestalten drängen dich zum Fenster. Du hast keine andere Wahl als zu springen.
Du landest auf einem riesigen Jahrmarkt, der sich endlos in alle Richtungen erstreckt. Überall leuchten grelle Lichter in allen Farben, doch sie werfen keine Schatten. Die Geräusche der Karussells, das Lachen der Kinder und die Rufe der Schausteller mischen sich zu einem ohrenbetäubenden Chaos.
Zwischen den Ständen und Fahrgeschäften tauchen plötzlich die Gestalten wieder auf, ihre Gesichter verzerrt und ausdruckslos. Ihre Augen sind tiefe, schwarze Löcher. Die Geräusche des Jahrmarkts verstummen.
Einer von ihnen packt dich am Arm. Seine Hand fühlt sich kalt und klebrig an.
Du willst schreien, aber kein Laut kommt aus deinem Mund. Dein Herz rast und die Welt um dich herum beginnt sich zu drehen, immer schneller und schneller.
Auf einmal springt ein Karussellpferd von seinem Podest und galoppiert auf dich zu, seine Augen glühen rot. Es kommt immer näher. Kurz bevor es dich erreicht umhüllt dich eine schwere Stille.
Als du wieder zu dir kommst, bist du wieder in deinem Zimmer, doch es ist anders. Die Wände atmen, dehnen sich aus und ziehen sich zusammen, als wären sie lebendig. Ein tiefes Brummen erfüllt die Luft, vibriert in deinen Knochen. Die Möbelstücke verzerren sich, biegen sich in unmögliche Winkel.
Das Bett erhebt sich vom Boden, schwebt und dreht sich langsam um seine Achse. Du fühlst eine seltsame Präsenz hinter dir, ein unheimliches Flüstern direkt an deinem Ohr. Du bekommst Gänsehaut.
Du drehst dich um und siehst dein eigenes Spiegelbild, doch es ist verzerrt, grotesk. Es grinst dich an, seine Augen sind pechschwarz.
Der Boden unter deinen Füßen gibt nach und du sinkst in eine dunkle schlammartige Tiefe. Du versuchst dich zu befreien, doch je mehr du dich wehrst, desto tiefer versinkst du. Hände aus Schlamm und Schatten greifen nach dir, ziehen dich weiter hinab.
Du fällst in einen Raum voller Blumen. Sie wachsen aus dem Boden, den Wänden, selbst aus der Decke.
Doch ihre Blüten öffnen sich und enthüllen Augen, die dich anstarren, kalt und furchteinflößend.
Du willst rennen, doch die Welt beginnt sich zu drehen, schneller und schneller, bis alles zu einem Strudel aus Licht und Schatten wird.
Dein Bewusstsein verschwimmt, du fällst immer tiefer, bis die Dunkelheit dich schließlich vollständig verschlingt.
Du schreckst aus dem Schlaf auf, dein Herz rast noch immer in deiner Brust. Dein Zimmer ist wieder normal, die vertrauten Umrisse der Möbel ruhig und unbeweglich. Der schwere Nebel und die unheimlichen Gestalten sind verschwunden, zurückgelassen in den Tiefen deines Traums.